Mittwoch, 30. März 2016

Weise Antwort


 


Weise Antwort


Ein bereits äterer Mönch kam zu einem Zen-Meister und sagte:"Ich habe in meinem Leben eine Vielzahl von spirituellen Lehrern aufgesucht und nach und nach immer mehr Vergnügungen aufgegeben, um meine Begierden zu bekämpfen. Ich habe lange Zeit
gefastet, jahrelang mich dem Zölibat unterworfen und mich regelmässig kasteit. Ich habe alles getan, was von mir verlangt wurde, und ich habe wahrhaft gelitten, doch die Erleuchtung wurde mir nicht zuteil. Ich habe alles aufgegeben, jede Gier, jede Freude, jedes Streben fallengelassen.
Was soll ich jetzt noch tun?"

Der Meister erwiderte: "Gib das Leiden auf!"



Dienstag, 29. März 2016

Von der Freundschaft



Von der Freundschaft

Ein junger Mensch bat:
Sag uns etwas über die Freundschaft.

Und so antwortete er:

Ein Freund ist die Antwort auf das, was euch fehlt.
Er ist das Feld, auf das ihr Liebe sät
und dankbar erntet.
Und er bietet euch einen Stuhl an seinem Tisch
und einen warmen Platz.
Denn ihr kommt hungrig zu ihm
und sucht bei ihm euren Frieden.

Wenn er offen und ehrlich mit euch redet,
dann habt keine Angst vor eurem 'Nein',
noch haltet euer 'Ja' zurück.

Und wenn er schweigt,
dann hört euer Herz seinem Herzen zu;
denn alle Gedanken, Sehnsüchte und Erwartungen
werden aus der Freundschaft geboren und in ihr geteilt,
wortlos und mit stiller Freude.

Wenn ihr geht, dann seid nicht traurig;
denn das, was ihr am meisten an ihm schätzt,
zeigt sich vielleicht klarer, wenn er weg ist,
so wie sich der Berg dem Bergsteiger
von der Ebene aus klarer zeigt.

Und unterwerft eure Freundschaft keinem Zweck,
es sei denn die Seele zu erweitern.
Denn Liebe, die bloß ihr eigenes Geheimnis
aufdecken möchte, ist keine Liebe,
sondern ein ausgeworfenes Netz,
das nur Wertloses fängt.

Lasst eurem Freund das Beste.
Und wenn er eure Ebbe erfahren muss,
dann zeigt ihm auch eure Flut.
Denn was ist ein Freund, den man nur aufsucht,
um die Zeit tot zu schlagen.
Sucht ihn vielmehr auf, um die Zeit mit Leben zu erfüllen.
Denn er ist da, euch das zu geben,
was ihr braucht - nicht für eure innere Leere.
Lacht und habt Freude miteinander
in einer glücklichen Freundschaft.
Denn im Tau der kleinen Dinge findet das Herz
seinen Morgen und seine Erfrischung.



Aus dem Englischen von © Bertram Kottmann


Montag, 28. März 2016

Der kleine Hase

Der kleine Hase




Der kleine Hase sollte ins Bett gehen, aber er hielt sich noch ganz fest an den langen Ohren des großen Hasen.

Der kleine Hase wollte nämlich ganz sicher sein, daß der große Hase ihm auch gut zuhörte.

"Rate mal, wie lieb ich dich habe", sagte er. "Oh", sagte der große Hase, "ich glaube nicht, daß ich das erraten kann."

"So sehr", sagte der kleine Hase und breitete seine Ärmchen aus, so weit er konnte.

Der große Hase hatte viel längere Arme. "Aber ich hab dich soooo sehr lieb", sagte er.

Hm, das ist viel, dachte der kleine Hase.

"Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann", sagte der kleine Hase.

"Ich hab dich lieb, so hoch ICH reichen kann", sagte der große Hase.

Das ist ziemlich hoch, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so lange Arme hätte. Dann hatte der kleine Hase eine gute Idee. Er machte einen Handstand und streckte die Füße am Baum hoch. "Bis zu meinen Zehen hoch hab ich dich lieb", sagte er.

"Und ich hab dich bis zu MEINEN Zehen hoch lieb", sagte der große Hase und schwang den kleinen Hasen in die Luft.

"Ich hab dich so hoch wie ich hüpfen kann lieb!" sagte der kleine Hase lachend.... .....und hüpfte auf und ab.

"Aber ich hab dich lieb, so hoch wie ICH hüpfen kann", sagte der große Hase lächelnd und hüpfte so hoch, daß seine Ohren die Zweige berührten.

Tolle Hüpferung, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so hüpfen könnte.

"Ich hab dich den ganzen Weg bis zum Fluß runter lieb", sagte der kleine Hase.

"Ich hab dich bis zum Fluß und über die Berge lieb", sagte der große Hase.

Oh, das ist sehr weit, dachte der kleine Hase. Er war schon so müde, daß er sich gar nichts mehr ausdenken konnte. Dann schaute er über die Büsche und Bäume hinaus in die große, dunkle Nacht. Es konnte ja wohl nichts weiter weg geben als den Himmel.

"Ich hab dich lieb bis zum Mond", sagte der kleine Hase und machte die Augen zu. "Oh, das ist weit", sagte der große Hase. "Das ist sehr, sehr weit."

Der große Hase legte den kleinen Hasen in sein Blätterbett, beugte sich über ihn und gab ihm einen Gutenachtkuß. Dann kuschelte sich der große Hase an den kleinen Hasen und flüsterte lächelnd:

"Bis zum Mond..... und wieder zurück haben WIR uns lieb!

˜˜”*°•.

(c)McBratney